Mittwoch, 31. August 2011

EMPÖRUNG Tunesiens Versuch einer offenen Gesellschaft - Chancengleichheit gefordert - 01.09.11

EMPÖRUNG

Die eingesperrte Empörung blickt mit einem Auge durch das Gitter von Jürgen Deutsch


Tunesiens Versuch einer offenen Gesellschaft
Chancengleichheit gefordert

Vor dem Umbruch brachten Verbindungen zu Ben Alis Herrscherfamilie Privilegien ein, sie waren der Schlüssel zum Erfolg

Deutsch Zeit auf den Punkt aus Berlin von Jürgen Deutsch

Der „Tunesische Volkswillen“ (Irada tou chab) von 2010/11 war nirgendwo im Staat eine islamische Revolution. Trotzdem wird der politische Islam eine Rolle spielen. Es gibt eine Basis für eine konservative Volkspartei religiöser Prägung im Lande, deren Mitglieder nun aber nicht unter dem Druck der Illegalität zusammengepresst werden. Eine solche Aufspaltung im islamischen Spektrum ist im Grunde ein gesunder Prozess, der die Pragmatiker und Reformer von den Fundamentalisten trennen kann.

Der Auslöser für die Unruhen in weiten Teilen Tunesiens waren Forderungen nach Chancengleichheit und sozialer Gerechtigkeit. Es ging den Menschen nicht um Gehälter oder Reichtum als vielmehr um Ungerechtigkeiten bei der Chancenverteilung. Die Jugend die in Tunesien auf die Straße ging, wollten Geschäfte eröffnen, sich um Stellen in Firmen bewerben, sie wollten ein Ende der Günstlingswirtschaft, um als Brotverdiener ihre Familien ernähren zu können. Aber es ist noch nicht sicher, das sie diese Ziele unter der neuen Regierung erreichen können, weil jetzt schon wieder ausländische Banken und tunesische Insider an neuen Vorhaben und fragwürdigen Infrastrukturprojekten in der Wüste arbeiten. Diese Projekte eigenen sich nicht zum Weiterkommen der tunesischen Jugend. Die will Karrieren, nicht Aushilfsjobs am Bau.

Die Tunesier glauben, dass der rechtsstaatliche Neustart nicht gelungen ist. Weil das Ben Ali-System von der Übergangsregierung und der Justiz ausgeblendet wird, wodurch der Rest des verhassten Ben Ali-Regimes ungeschoren davonkommt.

Die Macht im Staat hat immer noch die Armee. Eine echte Revolution wäre der Macht-
wechsel vom Regime zum Volk, mit einer unabhängigen Justiz und Armee. Die Verurteilung von Ben Ali und Teile des Familien-Clans ist nur eine Ersatzhandlung und Ablenkung, be-
fürchten viele Menschen in Tunesien.

Da sollte der Aufbau der tunesischen Wirtschaft auf bürgerlichen Freiheitsrechten, Eigentumsrecht, sicheren Verträgen, einer unabhängigen Justiz, die imstande ist der Regierung nach den Präsidentenwahlen am kommenden 23. Oktober Paroli zu bieten.
Auf örtliche Banken sollte zurückgegriffen werden, mit Verbindungen zu ortsansässigen Unternehmen, die Wagniskapital für neue Firmen von Finanzdienstleistern erhalten. Alles erdenklich Nötige muss getan werden um Unternehmen und Kreativität zu fördern.

Die Menschen in Tunesien müssen das Recht bekommen eigene Firmen zu gründen. In der Zukunft sollte es keine Behördenbehinderungen und Hürden bei Unternehmensgründungen mehr geben – wie unter Ben Ali geschehen. Neuzugänge und Unternehmertum müssen ermöglicht werden.

Arabische Straßen verändern die Welt von Jürgen Deutsch

FAZIT
Da können wir Menschen in Europa nur hoffen, dass die Menschen einen ebenso großen wirtschaftlichen Wandel erfahren, der ihnen Chancen für Karriere und Entwicklung bietet, die sie mit ihrem auf die Straße gehen, zu Recht einfordern.


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