Dienstag, 17. April 2012

Deutsch-Zeit, Zerbricht Theodor Herzls Traum? - 17.04.2012

Bürger Journal
Deutsch-Zeit


Die eingesperrte Empörung blickt mit einem Auge durch das Gitter von Jürgen Deutsch


Zerbricht Theodor Herzls Traum?
Reaktionäre beherrschen die einzige Demokratie im Nahen Osten


Deutsch-Zeit auf den Punkt aus Berlin von Jürgen Deutsch


Schauen wir nach einem Jahr auf die arabische „Kaktusrebellion“ (v. Fadhel Jaibi, TN, Autor und Regisseur) dann feiert der Westen das Erwachen der Völker – arabische Massen können plötzlich „Nein“ sagen – und sehen aber auch den Unterschied zwischen dem Fest der Revolution und den Aufbau demokratischer Institutionen – was einem politischen Marathon und keinem Sprint gleichkommt.

In Ägypten kämpfen Militärs mit Islamisten unterschiedlicher Couleur um die Macht. Ein wirkmächtiges Symbolbild der Fortschrittsfeindlichkeit der Militärs und radikalen Gläubigen ist „ein Kamel, das ein Laptop auf dem Tarhir Platz, in Kairo, im Frühjahr 2011 zertrampelt“.

In Syrien herrscht Baschar al-Assad und beantwortet bis Heute die Forderungen seiner Untertanen damit, dass er sie abschlachtet.

Am Persischen Golf ersticken die Herrscher potenzielle Proteste mit Öl-Schweigegeld.

Israel aber befindet sich in einer Krise des demokratischen Werdens. Jahrzehntelang haben seine jüdischen Bürger sich als einzige Demokratie im Nahen Osten empfunden. Seine politische Kultur ist die der europäischen Sozialdemokratie – weniger eine Kopie des angloamerikanischen Modells – ein Grund, stolz zu sein. Und doch hat sich Jerusalem in eine politische Sackgasse manövriert. Ein demokratischer Wertekonflikt setzt dem Staat Israel einer enormen Belastung aus. Weil die Regierung täglich den „Nervenkrieg“ einer Bedrohung durch den Iran anspricht und zu einem Angriff auf die iranischen Nuklearanlagen drängt – die Angst der Bürger schürt – dabei übersieht sie die existenzielle Bedrohung die sich im Innern zusammenbraut. Reaktionäre Kräfte lauern in vielen europäischen Demokratien (Deutschland, Frankreich, UK und den Niederlanden). Die Republikaner in den USA flirten im Wahlkampf mit reaktionären Elementen. In Israel ist aber die Bedrohung besonders aktuell. Die Sorge wird nicht nur von notorischen Israelkritikern hervorgebracht. Ganz akut, das „Einreiseverbot für propalästinensische Aktivisten aus aller Welt“ die im West-Jordanland gegen die Bewegungseinschränkungen der Bürger „Palästinas“ demonstrieren wollen. Auch die Ex-Minister Ehud Barak und Ehud Olmert warnen vor einem abgleiten in Hass auf Fremde und Isolation.
Der politische Zerfall Israels beginnt mit der nun schon fast 45 Jahre andauernden Besetzung der Palästinensergebiete. Weil sich in der jüdischen Bevölkerung im West-Jordanland eine demokratiefeindliche, ja sogar rassistische politische Kultur ausgebreitet hat, die das „Kernland Israels“ gefährdet. Verantwortlich für diese Entwicklung ist die explosionsartige Ausweitung der jüdischen Siedlungen, die von der Arbeits- und Likudpartei vorangetrieben, unterstützt wird und eine große ethische Umwandlung schafft, die sich als dauerhaft versteht. Regierungsmitglieder wie der ausländerfeindliche israelische Außenminister, Avigdor Liebermann sind für die Ethnokratie verantwortlich – Einschränkungen für Menschen-
rechtsorganisationen, Gesetze zur Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Theodor Herzls Traum war ein pluralistischer Zionismus, bei den Rabbiner „keine herausgehobene Stimme im Staat“ hätten. Heute fühlen sich aber die fundamental Religiösen zu einer zunehmend aggressiven mittelalterlichen Geisteshaltung ermutigt. Bei Leuten wie Liebermann handelt es sich kaum um unbedeutende Randfiguren. Ministerpräsident „Bibbi“ Netanjahus Regierungskoalition ist auf die rechte Basis – Siedler, Ultraorthodoxe, die Schass-Partei und der Nationalreligiösen Partei – angewiesen.

Ein Tourist in Tel Aviv und der Kernlandzone erlebt die jüdischen Menschen mit Geist, Witz und Kreativität, kann aber die reaktionären Strömungen im Lande leicht übersehen. Der Prozess demokratisch zu werden, kann auf schmerzhafte, ja verhängnisvollem Geschehen verschoben werden.

FAZIT

Denk ich an Israel ist zu hoffen, das die pluralistische, demokratische „Kernland-Gesellschaft“ wieder „politisches Oberwasser“ im Sinne Herzls, der vielen Baraks und Olmerts, im Lande erfährt.

Netanjahus Lippenbekenntnisse in Sachen palästinensische Staatlichkeit sind weniger als halbherzig. Weil er den „Palästinenser Staat“ nur zu Bedingungen befürwortet, die das palästinensische Volk niemals akzeptieren wird.

„Der Traum von einem jüdischen und demokratischen Staat kann mit einer dauerhaften Besetzung nicht erfüllt werden“ sagte, US-Präsident Obama.


Jürgen Deutsch

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