Donnerstag, 8. September 2011

Freie Berliner Stadtraum Diskussion - 08.09.2011

EMPÖRUNG

Die eingesperrte Empörung blickt mit einem Auge durch das Gitter von Jürgen Deutsch


Freie Berliner Stadtraum Diskussion
Nachhaltiges Bauen und Flächen für den Bürger gefordert – wann, wenn nicht jetzt.
Außerdem wäre es für Berlin notwendig, dass nach dem kommenden 18. September die Stadtentwicklung und Kultur ein Ressort bilden.

Deutsch Zeit auf den Punkt aus Berlin von Dr. Claudia Becker/Jürgen Deutsch

Für unser aller „Spree-Athen“ ist es erlebensnotwendig den „Wiedererkennungswert“ der Stadtmitte zu erhalten. Eine Stadt wie Groß-Berlin, darf seine „Wiedererkennung nicht verbauen“. Berlin darf nicht wie Manhattan aussehen, sagt Albert Speer, jun. Leider unterliegt die Berliner Politik den Bauherreninteressen. Die Pläne für neu Entstehendes bestimmen heute weitgehend die Investoren – kaum noch die Architekten. In Berlin gehorcht Allerorten die Architektur dem wirtschaftlichen Bedarf der Bauherren, die Vorgaben von der zuständigen Senatsverwaltung nicht zu fürchten haben. So werden die immer gleichen, mit Granit oder Glas verkleideten Betonkörper hochgezogen. Schlechtestes Beispiel die Block- und Würfelbauten am Berliner Hauptbahnhof. Den Primat über die Bauherren-Chuzpe muss die Senatsverwaltung ausüben, nicht aber eine Baupolitik die sich kaufen lässt. Die Politik in einer Stadt wie Groß-Berlin darf nicht wegschauen, wo man sagt: „In keinem Jahrzehnt fertig gewesen und nie fertig werden“.

Nach der Stimmann-Zeit sollte es doch möglich sein tatsächlich entstehen zu lassen und zwar nicht per Beschluss, sondern aus der offenen Diskussion heraus. Die Stadt ist voller intelligenter und kreativer Bau-Künstler die es zu Nutzen gilt. Ihre Initiative, Professionalität und Unabhängigkeit bei freien Wettbewerben gilt es von der Senatsbaudirektorin, Regula Lüscher, zu fördern – was aber nicht passiert. Auf der öffentlichen Veranstaltung „Zukunft Berliner Baukultur“ sagte sie, der öffentlichen Verwaltung fehlt das Bugedt und Personal für öffentliche Wettbewerbe.

Es ist angebracht, in der Berliner Stadtraum-Planung, zweigleisig zu Denken. Zum Einen, das Bauen im inneren historischen Stadtkern, wobei auf Sichtachsen und den Wiedererkennungswert zu achten ist. Schon der preußische General Baumeister, Carl-Friedrich Schinkel, musste bei seinen Bauten (Neue Wache, Bauakademie, Schauspielhaus am Gendarmen Markt) in der nahtlos übergehenden Friedrich- und Dorotheenstadt, mit der vorhandenen Baustruktur planen. So sollten für die Bürger im historisch bedeutenden mittelalterlichen Stadtkern (Berlin/Cölln) die Sichtachsen auf Gebäude und Plätze (Molken Markt) frei bleiben. Schlechtes Beispiel, die Riegelhäuser aus DDR-Zeiten, in der Leipziger Straße, die den Blick auf die 70 Meter hohen Kirschtürme des Deutschen- und Französischen Doms – vom Baumeister Gontard erbaut – auf dem wunderschönen Gendarmen Markt, dem „Stadtsalon Berlins“, versperren. Eine geniale Sichtachse lässt der russische Architekt Sergei Tchoban beim Entstehenden Wohn- und Kaufhaus Ensemble auf dem ehemaligen Wertheim Gelände, an der Leipziger Straße entstehen. Es kann der Blick von der Vossstraße aus direkt auf das Hauptportal des Bundesrats schweifen – eine fantastische Planungs-Idee des Architekten Tchoban. Tendenz bei ihm, sich dem vergangenen - wie in St. Petersburg - in Berlin zuzuwenden.
Zum Anderen, ist es interessant zu sehen welche Ideen außerhalb des historischen Alt-Berliner Stadttor-Rings, die unabhängigen, kreativen Bau-Künstler/Stadtplaner der Senatsbau-
Direktion vorschlagen werden. Hier könnten Investorinteressen umfangreicher berücksichtigt werden.


FAZIT
Architekten und Stadtplaner sollten sich konstruktiv in die Diskussion um ihre Stadt einlassen, die Mechanismen demokratischer Planung nutzen und sich durch Intelligenz, Talent und Draufgängertum für die Stadt einsetzen. Die Kreativen die sich augenblicklich im Architekturgeschehen der Stadt nicht ausreichend berücksichtigt fühlen, sollten nach der Stimmmann-Starre, jetzt den „Freiraum der Diskussion“ nutzen und als Chance sehen, in dem sie verstärkt freie Wettbewerbe einfordern. Außerdem wäre es für Berlin notwendig, dass nach dem kommenden 18. September die Stadtentwicklung und Kultur ein Ressort bilden.

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